Prompting ist mehr als Technik: Wie du mit strategischem Denken das volle Potenzial von KI ausschöpfst

14.05.2025

Die verblüffende Wahrheit über effektives Prompting

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT hat sich eine ganze Industrie rund um "Prompt Engineering" entwickelt. YouTube ist voll mit Videos, die dir den "perfekten Prompt" versprechen. Die bittere Wahrheit? Die meisten dieser Anleitungen kratzen nur an der Oberfläche und verfehlen den eigentlichen Kern effektiver KI-Nutzung.

Was ich in zahllosen Workshops mit Unternehmen immer wieder beobachte: Gutes Prompting hat überraschend wenig mit Technik zu tun und viel mehr mit strategischem Denken. Es ist keine Computersprache, die man erlernen muss, sondern eine Denkweise, die man entwickeln kann..

In unserem jüngsten Workshop mit einer vielfältigen Gruppe von Teilnehmern – von Einzelunternehmern bis zu Verbänden – haben Georg Braun und ich einen Ansatz vorgestellt, den man so selten sieht. Einer, der nicht auf Prompt-Templates und magische Befehlsketten setzt, sondern auf etwas viel Grundlegenderes: deine Fähigkeit, in Lösungswegen zu denken.

Die drei Thesen, die deine Sicht auf KI-Nutzung verändern werden

Im Kern unserer Herangehensweise stehen drei Thesen, die ich mit dir teilen möchte:

1. Gute Prompt-Kompetenz ist mehr als Technik – es ist Frageintelligenz

Die Art und Weise, wie du Fragen stellst, hat einen enormen Einfluss auf das Ergebnis. Es geht nicht darum, die perfekte Prompt-Formel zu kennen, sondern zu verstehen, wie man Fragen strategisch stellt.

Ein Beispiel: Statt "Erstelle mir ein Konzept für ein Ice Cream Startup" zu fragen, könntest du formulieren: "Was sind zentrale Erfolgsfaktoren für ein tragfähiges Konzept in einem gesättigten Markt wie der Eiscreme-Branche?"

Der Unterschied? Die zweite Frage platziert dich auf einer Meta-Ebene. Sie erfordert zunächst ein Verständnis von Strategie und Kriterien, bevor überhaupt an die Ausarbeitung gegangen wird. Das Ergebnis wird auch für Laien formal ähnlich aussehen – aber inhaltlich welten entfernt sein (qualitativ besser).

2. KI verstärkt was da ist – Kompetenz genauso wie Inkompetenz

Wer unsauber denkt, bekommt von der KI gut formulierten Unsinn. Wer aber klar denkt, bekommt präzise und kraftvolle Unterstützung.

Ich beobachte immer wieder, dass KI die Denkstruktur des Nutzers verstärkt. Sie ist kein Allwissender, der dich magisch zum Experten macht, sondern ein Verstärker deiner vorhandenen Denkweise.

Ein wichtiger Punkt, den einer unserer Workshop-Teilnehmer einbrachte: Je besser man sich selbst in einem Thema auskennt, umso leichter erkennt man Unsinn in den Antworten und entwickelt eine größere Sensibilität, diese kritisch zu hinterfragen.

3. Die überraschenden Gewinner im Umgang mit KI

Journalisten, Konzepter und kreative Köpfe tun sich oft leichter mit KI als reine Techniker. Warum? Weil KI aktuell vor allem über sprachliche Interaktion funktioniert. Wer ein gutes Verständnis für Kommunikation, Zielgruppen und inhaltliche Arbeit mitbringt, hat oft einen natürlichen Vorteil.

Dies bedeutet nicht, dass Techniker keine wertvollen Beiträge leisten können – im Gegenteil. Aber es unterstreicht, dass technisches Verständnis allein nicht ausreicht, um das volle Potenzial von KI auszuschöpfen.

Anatomie eines wirkungsvollen Prompts

Was macht einen guten Prompt aus? Nach hunderten von Workshops haben wir eine Checkliste entwickelt:

  1. Rolle/Persona definieren: "Du bist ein erfahrener Food Startup Berater..."
  2. Kontext liefern: "Ich plane ein Ice Cream Startup im urbanen Raum..."
  3. Ziel klar formulieren: "Ich möchte verstehen, was ein tragfähiges Konzept ausmacht..."
  4. Aufgabe konkret stellen: "Bewerte meine Konzeptskizze im Hinblick auf Alleinstellungsmerkmal, Zielgruppe und Vertriebsansatz..."
  5. Gesprächsdynamik festlegen: "Stelle Rückfragen, wenn Informationen fehlen..."
  6. Ergebnis eindeutig benennen: "Am Ende hätte ich gerne eine Einschätzung der größten Chancen und Risiken sowie zwei Handlungsempfehlungen..."
  7. Formatwünsche angeben: "Gib mir dein Feedback in einer strukturierten Liste mit Zwischenüberschriften..."

Nicht jeder Prompt muss alle diese Elemente enthalten. Bei wichtigen Aufgaben empfehle ich jedoch, möglichst viele davon zu berücksichtigen.

Vom statischen Prompt zum strategischen Dialog

Prompting ist kein einmaliger Input, der zu einem Output führt – es ist ein Prozess, den man aktiv steuern kann.

Einer der größten Fehler, den ich bei KI-Anfängern beobachte: Sie geben einen einzelnen Prompt ein und akzeptieren das Ergebnis als endgültig. Stattdessen solltest du KI als Sparringspartner betrachten, mit dem du in einen Dialog treten kannst.

Im Workshop demonstrierten wir dies mit unserem Eiscreme-Startup-Beispiel. Statt direkt nach einem fertigen Konzept zu fragen, arbeiteten wir schrittweise:

  1. Wir definieren die Rolle (Food Startup Berater)
  2. Wir teilen unsere grobe Konzeptskizze
  3. Wir lassen diese analysieren bezüglich USP, Zielgruppe, etc.
  4. Basierend auf dem Feedback vertiefen wir einzelne Aspekte

Dieser iterative Prozess führt zu wesentlich besseren Ergebnissen als der Versuch, alles in einem Schritt zu erledigen.

Meta-Prompting: Mein Geheimtipp für wirklich beeindruckende Ergebnisse

Bei sehr wichtigen Prompts verwende ich fast immer Meta-Prompting. Hierbei bitte ich die KI, meinen Prompt zu verbessern.

Konkret funktioniert das so:

  1. Ich formuliere einen initialen Prompt
  2. Ich füge am Ende hinzu: "Verbessere diesen Prompt"
  3. Die KI liefert eine optimierte Version
  4. Ich kopiere diesen verbesserten Prompt und verwende ihn für meine eigentliche Anfrage

Das Ergebnis? Ein Prompt von einer Detailtiefe und Präzision, die ich selbst kaum formulieren könnte. Eine enorme Zeitersparnis bei komplexen Aufgaben (cleverer arbeiten).

Fazit: Ein neues Verständnis von Prompting

Zusammenfassend möchte ich drei Erkenntnisse mit dir teilen:

  1. Denke in Lösungswegen, nicht in Template-Formeln: Gutes Prompting hat weniger mit der perfekten Syntax zu tun und mehr mit strategischem Denken. Überlege dir, welchen Weg du mit der KI beschreiten willst.
  2. Nutze Kontext als Schlüssel: Kontext ist einer der wichtigsten Faktoren für hochwertige KI-Ergebnisse. Je mehr relevanten Kontext du bereitstellst, desto besser wird das Ergebnis.
  3. Führe einen Dialog statt Monolog: Betrachte die Interaktion mit KI als Gespräch mit einem Berater. Stelle Fragen, hinterfrage Antworten, fordere Alternativen und vertiefe interessante Aspekte.

Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser strategische Ansatz die Zukunft der KI-Nutzung darstellt. Es geht nicht darum, die perfekte Prompt-Formel zu finden, sondern zu verstehen, wie man mit KI als Partner zusammenarbeitet, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

Vielleicht ist das der entscheidende Unterschied zwischen oberflächlicher und wirklich transformativer KI-Nutzung: Nicht das Werkzeug macht den Unterschied, sondern wie wir damit denken (lebenslanges Lernen).